Nachdem ich im letzten Jahr eine Art Content-Burnout und Instagram für fünf Wochen von meinem Smartphone verbannt hatte, war mir klar, dass sich etwas ändern musste. In den Wochen vor diesem prägenden Ereignis hatte ich nicht nur massenhaft Content produziert, sondern auch ohne Sinn und Verstand konsumiert. Doch was sollte die Alternative für jemanden sein, der beruflich jeden Tag mit Content in unterschiedlichen Erscheinungsformen zu tun hat? Ich fing an, über einen bewussteren Umgang mit dem Thema nachzudenken und erschuf schließlich für mich den Ansatz achtsames Content-Marketing.

Diesen möchte ich nun auch mit anderen Menschen teilen.

Definition: Was ist achtsames Content-Marketing?

Anders als bei anderen Marketing-Disziplinen geht es beim Content-Marketing nicht in erster Linie ums Verkaufen. Viel wichtiger ist es, durch gute, hochwertige Inhalte Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit zu generieren. Begriffe wie Reputation, Authentizität und Glaubwürdigkeit dürfen in diesem Zusammenhang nicht fehlen. Oder mit anderen Worten:

Content-Marketing sorgt im ersten Schritt dafür, dass die Leute über dich und mit dir reden und setzt dann im zweiten bestenfalls einen Kaufanreiz.

Trotzdem (oder vielleicht auch gerade deswegen?) hat sich in den letzten Jahren eine gewisse „Marktschreier-Mentalität“ in der Content-Marketing-Bubble breit gemacht. Immer öfter entsteht der Anschein, dass es weniger darum geht, wer die klügsten Gedanken oder kreativsten Ideen hat, sondern wer diese am lautesten in die (digitale) Welt schreien kann. Niederschwellige soziale Netzwerke wie Instagram, LinkedIn und Threads fungieren in dieser Sache (wie in so vielen anderen auch) als idealer Brandbeschleuniger. Diese Entwicklung macht den Content-Schock unaufhaltsam.

Im Gegensatz zu klassischem Content-Marketing setzt achtsames Content-Marketing darum auf einen bewussten und gesunden Umgang mit Ressourcen– und zwar sowohl beim Produzieren als auch beim Konsumieren.

Zentrales Ziel des Ansatzes ist es, Ressourcen wie Zeit, Energie, Kreativität sowie Geld klar zu definieren, ihre Endlichkeit stets zu respektieren und sie möglichst effizient einzusetzen.

Grundprinzipien vom achtsamen Content-Marketing

Um dies zu gewährleisten, solltest du folgende Grundprinzipien beachten:

  • Content-Strategie: Achtsames Content-Marketing funktioniert ausschließlich, wenn im Vorfeld eine Content-Strategie mit klaren Zielen, Kanälen und Formaten festgelegt wurde. Andernfalls droht die Gefahr, dass Inhalte produziert werden, die überhaupt keinen Effekt haben und somit unnötig Ressourcen verschwenden.
  • Aufgaben clustern: Die einzelnen Arbeitsschritte beim Content-Marketing – beispielsweise Produktion von Foto- und Videomaterial, Themenfindung für Blogbeiträge, Recherche und das Schreiben von Social Media-Captions – sollten nach Möglichkeit geclustert, sprich: gebündelt werden. Somit kann sich das Gehirn auf eine Aufgabe fokussieren und muss nicht ständig zwischen verschiedenen Tasks wechseln. Ideal sind regelmäßige Content-Tage, die ausschließlich für die Produktion und Verwertung von Inhalten geblockt werden.
  • Content-Recycling: Die Wiederverwendung bestehender Inhalte ist ein zentrales Element vom achtsamen Content-Marketing. Content-Recycling bedeutet, dass die Inhalte mal mehr, mal weniger aufwändig aufgearbeitet und beispielsweise in Form eines neuen Content-Formats präsentiert werden. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Umwandlung eines Blogbeitrags in mehrere Social Media-Postings.
  • Klasse statt Masse: Beim achtsamen Content-Marketing kommt es nicht auf die Menge der Inhalte an, die veröffentlicht werden, sondern viel mehr auf ihre Qualität. Wichtig ist jedoch auch, dass eine gewisse Kontinuität beim Posten erkennbar ist. Feste Posting-Tage sind hierbei hilfreich.
  • Limitieren & kuratieren: Ganz im Sinne der Ressourcenschonung sollte immer darauf geachtet werden, Content nur in klar definierten Rahmen zu konsumieren. Doomscrolling, Second Screening, Rabbitholes und Explore- oder For you-Pages sollten bestmöglich vermieden werden.
  • Insights auswerten: Daten analysieren, um zu erfahren, welche Inhalte wie gut (oder schlecht) ankommen, ist eine Grundvoraussetzung, um Ressourcen zukünftig sinnvoll einzusetzen. Denn ohne regelmäßige Auswertung werden sie womöglich für Content ohne nennenswerte Effekte verschwendet.
Gut zu wissen: Wenn ich im Kontext des Content-Marketings von Achtsamkeit spreche, dann ohne spirituellen Beigeschmack. Achtsames Content-Marketing bedeutet in erster Linie, einen bewussten Weg zu finden, kontinuierlich sichtbar zu sein, ohne dabei schrittweise auszubrennen und all seine Ressourcen in Aktivitäten zu stecken, die am Ende kaum eine oder gar keine Wirkung erzielen. Synonym zu „achtsamem“ könnte also auch von „ressourcenschonendem Content-Marketing“ die Rede sein.

Praktische Umsetzung vom achtsamen Content-Marketing

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dein Content-Marketing achtsam zu gestalten. Zu den effektivsten Ansätzen gehören (neben den oben genannten Grundprinzipien):

Was genau sich hinter den einzelnen Methoden verbirgt, beleuchte ich ausführlich in meinem E-Book „Be kind to your mind – Eine Anleitung für achtsames Content-Marketing“.

Content-Kanäle mit Bedacht wählen

Eine weitere wichtige Grundvoraussetzung ist es, nicht auf allen „Content-Hochzeiten“ gleichzeitig tanzen zu wollen. Neben den klassischen Content-Kanälen wie Podcast, Blog und Webseite ploppen immer wieder neue soziale Netzwerke auf, die mit Inhalten bespielt werden wollen. Wer den Anspruch hat, überall präsent zu sein, wird schon nach sehr kurzer Zeit feststellen, dass das (ohne eigenständiges Content-Team) nicht möglich ist.

Wenn du dein Content-Marketing in Eigenregie umsetzt, kannst du dich an der 1:2- beziehungsweise 2:3-Regel orientieren:

  • begrenzte Ressourcen für Content-Marketing: Ein Long-Format-Kanal (bspw. Unternehmensblog, Youtube-Kanal oder Podcast) und zwei Short-Format-Kanäle (bspw. Instagram, TikTok, Threads oder LinkedIn)
  • erweiterte Ressourcen für Content-Marketing: zwei Long-Format-Kanäle und drei Short-Format-Kanäle

Natürlich sollten die Kanäle immer mit Blick auf die anfangs definierte Content-Strategie gewählt werden. Wenn du thematisch z. B. nicht auf die Karriereplattform LinkedIn passt, dann kannst du diesen Kanal getrost ignorieren. Falls deine Zielgruppe nicht auf TikTok unterwegs ist, musst du dir dort keinen Account anlegen.

Außerdem gilt ganz im Sinne der Achtsamkeit: Mache nur das, was dir gut tut. Wenn du absolut kein Podcast- oder Video-Typ bist, solltest du nicht auf Biegen und Brechen versuchen, einer zu werden. Konsument:innen werden es deinem Content anmerken, wenn du nicht voll und ganz dahinter stehst.

Nachhaltigkeit als zentraler Bestandteil achtsamer Marketingstrategien

Wenn wir über den bewussten Umgang mit Ressourcen sprechen und darüber, sie aktiv zu schonen, dann müssen wir auch den Begriff Nachhaltigkeit ins Spiel bringen.

Tatsächlich kann richtig umgesetztes achtsames Content-Marketing als überaus nachhaltig bezeichnet werden – und das aus verschiedenen Gründen:

  • durch einen stetigen Content-Fluss erreichst du kontinuierliche Sichtbarkeit
  • hochwertige Inhalte erzielen eine hohe Reichweite und haben eine lange „Lebensdauer“
  • Contentrecycling und Microcontent geben Content ein zweites Leben (ähnlich wie second hand-Mode)
  • eine Content-Strategie und serielle Content-Formate steigern die Effizienz deiner Arbeit
  • achtsames Content-Marketing hat einen anhaltend positiven Einfluss auf deinen Umsatz
  • durch deine Inhalte kannst du dich langfristig als Expert:in auf deinem Gebiet positionieren

Noch mehr Vorzüge vom achtsamen Content-Marketing findest du in meinem E-Book „Be kind to your mind – Eine Anleitung für achtsames Content-Marketing“.

Herausforderungen und mögliche Stolpersteine

Natürlich ist achtsames Content-Marketing nicht der heilige Gral und soll an dieser Stelle auch keinesfalls als dieser dargestellt werden. Wie in jeder anderen Marketing-Disziplin gibt es auch in dieser Herausforderungen und mögliche Stolpersteine, die du bestenfalls schon im Vorfeld kennst, um sie erfolgreich zu umgehen.

Trends

Ich weiß nur zu gut, wie verlockend es sein kann, einen Trend auf Instagram oder TikTok mitzumachen, um schnell eine große Reichweite zu generieren. Leider ist das jedoch nicht im Sinne des achtsamen Content-Marketings – der Ruhm wird nämlich in aller Regel nur von kurzer Dauer sein. Außerdem können Trends schnell zu einer Art Sucht führen, weil du nach einem viralen Content-Piece direkt das nächste produzieren möchtest… und das nächste… und das nächste…

Marktschreier-Mentalität

Achtsames Content-Marketing ist nicht automatisch „leise“ oder „dezent“. Doch es unterscheidet sich auf jeden Fall von der weit verbreiteten Marktschreier-Mentalität, die vor allem auf Social Media allgegenwärtig ist.

Sich nicht dem allgemeinen „Größer, schneller, besser“-Sprech so mancher „Kolleg:innen“ anzuschließen, sondern seinem achtsamen Ansatz treu zu bleiben, kann mitunter eine Herausforderung sein – erst recht, wenn „die Anderen“ einen Meilenstein nach dem anderen feiern und du selbst das Gefühl hast, auf der Stelle zu treten.

zeitversetzte Wirkung

Damit wären wir direkt bei der nächsten Herausforderung: Content-Marketing ist immer (egal ob achtsam oder nicht) ein Marathon und kein Sprint. Soll heißen: Du darfst keine augenblicklichen Resultate erwarten, sondern musst etwas Zeit mitbringen. Irgendwann – mal dauert es Wochen, mal Monate und ganz selten auch Jahre – wird deine Arbeit Früchte tragen. Sie werden saftig und süß sein, versprochen.

strategische Ausrichtung

Das Gute an einer Content-Strategie ist, dass du immer ganz genau weißt, was du posten musst, um deinem Ziel ein Stück näher zu kommen. Das Schlechte an einer Content-Strategie ist, dass du immer genau weißt, welche Postings du vermeiden solltest, weil du damit deinem Ziel kein Stück näher kommst. Oder anders formuliert: Achtsames Content-Marketing kann mitunter einengen und dafür sorgen, dass du dich in deiner Kreativität beschnitten fühlst. Was mir dagegen hilft, ist ein kleiner „Hobby-Kanal“ auf Instagram, auf dem ich nach Lust und Laune und ganz ohne Strategie poste.

Ausblick: Ist achtsames Content-Marketing the next big thing?

Wenn du „achtsames Content-Marketing“ in eine Suchmaschine deiner Wahl eingibst, wirst du feststellen, dass die Liste der Treffer (noch) verhältnismäßig kurz ist. Gut für mich, weil es bedeutet, dass ich eine Nische gefunden habe, die weitestgehend unbesetzt ist 😉 Und gut für dich, weil du auf ein Thema aufmerksam geworden bist, das wirklich wichtig ist.

Ich bin absolut überzeugt davon, dass in Zeiten von Digital Detox, Content-Schock und Aufmerksamkeitsökonomie ein Ansatz wie achtsames Content-Marketing mehr ist als ein Trend.

Es wird in den kommenden Jahren nicht nur die Lösung eines Problems, sondern eine regelrechte Rettung für viele sein, die das Erstellen von Content (in welcher Form auch immer) als Teil ihrer Arbeit betrachten.

Denn eines ist klar: Immer mehr Menschen werden immer mehr Inhalte ins Internet blasen, die allesamt um die Aufmerksamkeit der Konsument:innen buhlen. In diesem game langfristig mitzuhalten und dem Content-Burnout zu entgehen, erfordert nicht nur eine gute Strategie, sondern einen völlig neuen Ansatz. Aus meiner Sicht muss dieser achtsam und nachhaltig sein.

Ob achtsames Content-Marketing allein aufgrund dessen the next big thing sein wird – diese Frage möchte ich bewusst unbeantwortet lassen. Ich denke jedoch auf jeden Fall, dass wir den Begriff in Zukunft noch oft lesen werden.

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